Samstag, 6. September 2014

Abschied

Ein Auslandsaufenthalt am anderen Ende der Welt. Den einzigen Negativpunkt, den ich finden konnte: die Rückkehr. Und damit gleich mal vorweg – natürlich freue ich mich auf meine Familie, natürlich freue ich mich auf meine Freunde, natürlich freue ich mich auf das baldig beginnende Studium, natürlich freue ich mich. Und gleichzeitig fiel es mir so schwer, Lebewohl zu sagen.
 
Am Tag vor meiner Abreise gab es ein Essen im Kreise meiner ecuadorianischen Familie. Nicht sicher bin ich mir, ob meine verheulten Dankesworte überhaupt verständlich waren. Aber sowieso – wie kann man den Wert, den diese Menschen für mich haben, und die Dankbarkeit, die ich für sie empfinde, überhaupt in Worte packen? Im Laufe dieses Jahres haben wir so vieles miteinander erlebt und geteilt. Stundenlanges Plaudern. Eingemummelt in Wolldecken. Filme schauen. Markteinkäufe. Die Küche in eine Keksbäckerei verwandeln. Mit Kräutern aus dem Garten Tee aufbrühen. Die kitschigen Tele-Novelas zum Lachen finden. Hektisches In-Allerletzter-Sekunde-Kleider-Nähen vor Hochzeiten. Weihnachten. Begräbnis. Immer jemanden zum Reden haben. Beim Fußballspielen mitfiebern. Sich im Auto zusammenquetschen. Festumzüge. Über den Dorfplatz schlendern.
 
Am Tag vor meiner Abreise spazierte ich mit meinem besten Freund und Allzeit-Reisegefährten ein letztes Mal durch die Innenstadt von Cuenca. Eine weitere Person, die ich unheimlich vermissen werde. Reisen durch ganz Ecuador (und darüber hinaus). Fotos. Schlaflose Busfahrten mit unerschöpflichem Gesprächsstoff. Diskussionen. Meinung (nicht) teilen. Gemeinsame Wanderungen. Verirrungen. Horrorfilme. Verrücktheiten.
 
Am Tag vor meiner Abreise besuchte ich auch die Abuelitos und Arbeitskollegen in der Fundacion. Mir war es möglich, im besten Projekt zu arbeiten und Teil der besten Familie zu sein. Womit habe ich das verdient? Mein überquellender Fotoordner ist Zeuge davon, welch unvergesslichen Momente ich dieses Jahr mit ihnen hatte. Tanzen. Tortillas backen. Geschichten erzählen. Feste. Herzen nähen. Freude schenken. Beschenkt werden. Ballspiele. In den Arm nehmen. Auf das Dach klettern. Weinen Trösten. Versuche. Geduld. Überraschungen.
 
Wiedersehen.
 
Ganz bestimmt.