Sonntag, 16. Februar 2014

Flaschenpost

Im Dezember gönne ich mir meinen ersten Urlaub und fahre nach Weihnachten für ein paar Tage an die Küste. Während also meine Familie dem alljährlichen Wintersport frönt, erreiche ich in Shorts und T-Shirt die Metropole Guayaquil. Auf meinem Weiterweg nach Puerto Lopez lege ich einen Teilabschnitt der berühmten „Ruta del Sol“ (dt. Sonnenroute) zurück – eine Strecke, die teilweise direkt am Meer entlang führt und zu den schönsten Küstenorten bzw. Stränden Ecuadors führt.
 
Puerto Lopez ist ein malerisches Fischerdorf, das trotz seiner touristischen Anziehungskraft nicht überfüllt wirkt. Die weite Bucht lädt zu ausgedehnten Spaziergängen ein – die ich natürlich in der allergrößten Mittagshitze bestreite und mir prompt einen Sonnenbrand einfange. Bei jedem Schritt scheuche ich Krebse auf, die in Windeseile in ihre Löcher verschwinden, und Möwen ziehen wild kreischend ihre Kreise, auf der Suche nach dem besten Stück Fisch – wenn nicht im Wasser, so auf einem der ankommenden Boote. Vor allem in unmittelbarer Nähe der Bars, die mit Hängematten und frischen Fruchtsäften locken, entgeht mir nicht, dass der Strand und das Wasser nicht ganz sauber sind … Dafür ist der Hafensteg hübsch gestaltet und bietet einen endlosen Ausblick über das Meer.
 
An meinem zweiten Tag erreiche ich nach einer zehnminütigen Busfahrt den einzig küstennahen Nationalpark Ecuadors "Machalilla", um dort einen hoch gelobten Strand auszukundschaften … Die Hinfahrt hält mich mit einem grünen Blättertunnel, den wir passieren, in Atem. Am Parkeingang zahle ich ein Tuk-Tuk-Taxi, das bei seiner Fahrt über die Schotterstraße zwar jeden Moment in seine Einzelteile zu zerfallen scheint, mich aber schließlich heil absetzt. „Los Frailes“ ist ein kilometerlanger weißer Sandstrand, der – ich wurde vorgewarnt! – keinerlei Schatten bietet. Das Wasser ist von einem kräftigen Blau und bricht sich in schäumenden Wellen. Aufgrund der Abwesenheit jeglicher Geschäfte und Restaurants und seiner relativen Abgeschiedenheit ist die Bucht sehr sauber und frei von Menschenmassen. Ein Aussichtspunkt gewährt einerseits freie Sicht auf den Badestrand, andererseits auf einen verlassenen Küstenabschnitt, zu dem sich nur wenige Leute verirren - wohl auch aufgrund der risikoreichen dem Baden abträglichen Strömungen. Dort ragt eine Sandzunge ins Meer, wo sich die Wellen ausschweifend brechen und in mir das Kind wecken – spritzend renne ich durch das Wasser.
 
Und weil es so schön ist, fahre ich am folgenden Tag gleich nochmal dorthin …


 
 

In A Perfect World - The Sam Chase


Meine Rückfahrt fällt auf den letzten Tag des Jahres und just da werde ich gleich zwei Mal vom Pech verfolgt: Zu Beginn hat der Bus von Puerto Lopez nach Guayaquil eine Panne und wir werden gezwungen auf halben Wege – auf weiter Flur kein Dorf in Sicht – auszusteigen. In einem nachfolgenden Bus, der ein paar Passagiere mitnimmt, gelingt es mir jedoch, einen Sitzplatz zu ergattern. Und wie es der Zufall will, kommt auch mein zweiter Bus von Guayaquil nach Cuenca mit kläglich röhrendem Motor zum Stillstand. Zu diesem Zeitpunkt befinde ich mich im Nationalpark „El Cajas“, in luftigen Höhenmetern, eingeschlossen von Nebel und Regen … Behelfsmäßig wird das Getriebe repariert, auch wenn ich bei jedem nachfolgenden stotternden Motorgeräusch die Daumen drücke und erleichtert bin, als endlich unser Zielort in Sicht kommt. Damit wäre ich also von der Angst befreit, „fin del año“ im Bus zu feiern …
 
Drei Stunden vor Mitternacht komme ich, nach wie vor in kurzer Hose – das wäre damit das erste Silvester in Sommerkleidung! -, zu Hause an.

Wie wird nun also Neujahr in Ecuador gefeiert? Was ist neu für mich?

An der Küste sind die Straßenränder mit Puppen-Verkäufern bevölkert. So genannte „año viejos“ verkörpern das vergangene Jahr und, in allen Größen, aus Pappe angefertigt, stellen sie einfache Personen, Superhelden, Film- und Cartoon-Gestalten oder auch Tiere dar. Jedes Haus ist mit mindestens einer dieser Puppen drapiert, manchmal in besonders kreativer Art und Weise – bei einem Kartenspiel, auf einen Motorrad, etc. Viele haben die „año viejos“ auf ihren Autos fixiert – da braust dann beispielsweise ein Taxi mit einem überdimensionalen Pappmaschee-Meerschweinchen an dir vorbei. Auch in der Sierra gibt es diesen Brauch, wenn auch nicht derart ausgeprägt und in etwas anderer Ausformung: Dort sind die Puppen aus Stoff und mannsgroß. In der Regel repräsentieren sie Personen aus dem öffentlichen Leben; oftmals Politiker und Schauspieler, versehen mit sarkastischen bis negativen Sprüchen. Um Schlag Zwölf werden dann all diese Puppen verbrannt und das neue Jahr wird eingeläutet … Bei meinem Spaziergang durch die Gassen Chordelegs passiere ich unzählige dieser „Scheiterhaufen“.

Viele Männer machen sich einen Spaß daraus, sich als Witwen zu verkleiden und „um Almosen für die Beerdigung des verstorbenen Ehemannes zu betteln“ … Dabei geht es aber alles andere als trauernd zu.

Ein Brauch, der mir sehr gut gefällt, ist der Verzehr von zwölf Trauben, wobei jede Frucht einen Monat widerspiegelt, für den man sich etwas wünscht …



Ausblick: Überblick und Zusammenfassung meiner Arbeit im Dezember
 
 
[Da das Display meiner Kamera kaputt gewesen ist, war es mir leider nicht möglich, Fotos zu machen.]

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