Montag, 11. November 2013

Familienleben

Es trifft sich, dass justament an meinem ersten Wochenende in meinem zukünftigen Heimatort ein Familientreffen stattfindet. An einem terrassenförmig angelegten Grundstück am Ufer eines Flusses kommen mehr als 150 Personen zusammen; um gemeinsam zu plaudern, Fußball zu spielen, kochen und - vor allem und insbesondere - zu essen. In Töpfen, deren Durchmesser sich auf einen Meter belaufen [siehe Foto; kein Witz], und mit vielen fleißigen (Frauen-)Händen wird zu Mittag gekocht und anschließend, als die Dämmerung einbricht, werden wahre Berge an Tortillas zubereitet.
 
Abgesehen von jenem einmal jährlich stattfindenden Großtreffen gibt es jeden Montag ein Familienessen mit rund 25 Personen. Gekocht und gespeist wird im Haus von Marlene und ihren Eltern (so zusagend "das Zentrum"); an die Küchentür gepinnt ist eine Liste mit den Namen der Köchinnen und jenen, die den Abwasch erledigen müssen - und das nimmt bei der Anzahl an Teller und Töpfen schon mal mehr Zeit in Anspruch ... Danach wird oft Karten gespielt oder geredet. Besonders gut daran gefällt mir, dass meine Familie diese Treffen nicht aufgrund irgendeines Anlasses (Geburtstag, Feiertag, etc.) wahrnimmt, sondern schlicht um des Zusammenkommen Willens.

Prinzipiell herrscht ununterbrochen ein Kommen und Gehen und die Haustüre steht bei jedem Wetter (!) und zu quasi jeder Tageszeit für Besuch offen. 
 
 
 
Ich und eine Cousine von Marlene.
 
 




 
 

Im Nachfolgenden möchte ich auf ein paar Punkte eingehen, die mir im täglichen Leben mit der Familie auffallen bzw. in Differenz zu dem mir Bekannten stehen. Dabei trifft es selbstverständlich nicht auf alle ecuadorianische Familien zu; eventuell ist es lediglich in meinem speziellen Umfeld so ...
 

* Begrüßungen - ich sage dutzende Male am Tag zur selben Person buena/os dias/tardes/noches - und Berührungen haben einen viel höheren Stellenwert.

* Kinder sprechen ihre Eltern nur mit Sie an. Prinzipiell wird die Sie-Form immer im Gespräch mit älteren Personen verwendet; es ist schlicht eine Frage des Respektes.

* Die meisten Frauen in meinem Alter haben Kinder und/oder sind verheiratet. Dass du dich mit sechszehn mit deinem ersten Freund verheiratest, ist keine Seltenheit.

* Besonders Mädchen werden sehr lange und sehr intensiv von ihren Eltern und vor allem ihrem Vater behütet.

* Machismo se escribe von "M" de mujer. Es sind die Frauen, die den Machismo entscheidend mitformen. In meiner Familie ist es nicht derart ausgeprägt, aber sind die Männer, die beim Essen bedient werden, die Verwunderung/Belustigung hervorrufen, wenn sie den Abwasch erledigen, etc.

* Mit dem Vater als Oberhaupt ist die Familienstruktur klar geregelt. (In meiner Familie verhält es sich auch hier anders, da eine Vaterfigur in diesem Sinne fehlt.)

* Gelebt wird quasi das ganze Leben in unmittelbarerer Nähe der Familie/Eltern - trifft das nicht zu, gibt es meist einen triftigen Grund (häufigstes Bsp.: Auswanderung in die USA).

* Alleine - "solito/a" - wird im Grunde nichts unternommen.



Ausblick: Feierlichkeiten

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