Donnerstag, 22. Mai 2014

Arbeitsresümee im März

Im März nahmen die Ausstellungen in Cuenca ihren Anfang. Jeden Mittwoch wird uns eine Galerie im Stadtzentrum zur Verfügung gestellt, in der wir die Arbeiten der Abueliots ausstellen und zum Verkauf anbieten. Außerdem gibt es Essen und Getränke – zum Mitnehmen oder dort Essen. Empanadas mit Käse oder Marmelade, Humitas (Süßspeise in Maisblätter eingewickelt), „Dulce de Manzana“ (vergleichbar mit Apfelmus), Kaffee, etc.
 
Am Monatsende verließen uns die drei Praktikanten, die nach Beendigung ihres halbjährigen Praktikums in ein anderes Projekt versetzt wurden. Zur Verabschiedung gab es Kuchen, Musik, Tanz und viele Tränen … Eine Woche später trafen drei neue Psychologie-Studentinnen aus Cuenca ein. Weiteren Zuwachs bekamen wir in Form einer pensionierten Mexikanerin, die die Fundacion, wie ich, auf freiwilliger Basis unterstützt.
 
Eine Arbeit, die immer wieder großen Eifer bei den Abuelitos hervorruft, ist das Auskörnern von Mais oder dergleichen. Einen Nachmittag verbrachten wir beispielsweise damit, den Mais, der im Garten der Fundacion angepflanzt wird, für die Köchinnen vorzubereiten. Das Brot, bestimmt für das Frühstück der Abuelitos, wird selbst gebacken – auch ich habe bereits geholfen, den Teig in der Hitze der Backstube zu formen.
 
Was sich so in Terapia Ocupacional zugetragen hat? Großen Spaß hat die Herstellung und Bemalung von diversen Figuren aus einem Salz-Mehl-Wasser-Gemisch gemacht. In den ersten Minuten wenden sich die Abuelitos meist mit den Worten, sie würden das nicht können, an mich, doch das Endergebnis kann sich immer sehen lassen …


 
 
 
 
Anlässlich der nahenden Karwoche startete ich eine Handarbeit mit den Abuelitos: Aus Krepppapier wurden Kügelchen geformt und anschließend auf den Schriftzug SEMANA SANTA  geklebt. Das Ganze stellte sich als langwieriger heraus, als gedacht. [Fotos der fertigen Arbeit gibt es im kommenden Resümee zu sehen.]


 
 
 
 
Mit Wollfäden in bunten Farben flochten wir; einer Arbeit, der genauso wie das (Sombrero-)Flechten, irgendwie so etwas ganz Urtümliches anhaftet, gehören zu der Tracht einer typischen Chola Cuencana nebst ihrer Pollera doch auch immer zwei geflochtene Zöpfe.
 
Während die Abuelitos Freude am Ausmalen von Bildern haben, nehme ich mir gelegentlich ein, zwei zur Seite, um mit ihnen zu rechnen oder zu schreiben bzw. das Wissen um Zahlen und Buchstaben vor dem Vergessen zu bewahren. Soweit sie dazu fähig sind, bestehe ich auch immer darauf, dass sie selbst ihren Namen unter ihre Zeichnung setzen, inklusive Datum – die Mehrheit weiß nämlich nicht einmal, in welchem Jahr wir uns gerade befinden.
 
Neben Bewegungsübungen und – spielen mit diversen Utensilien, wie Bälle oder Reifen, je nach Wetterlage draußen oder drinnen, sind Rätsel immer wieder ein große Renner. Ein paar Abuelitos haben davon nämlich eine große Menge in ihrem Repertoire.
 
 
Más que mil hermanos
En el día descansan
En la noche trabajan
Que será? Que será?
 
 
Con cuantos pies anda un viejito?
 
 
Ausblick:

Samstag, 17. Mai 2014

Geschichtsbauten

Hunderte von Kilometer Wegstrecke und etliche Stunden Busfahrt sind nicht immer nötig. In nächster Nähe von Chordeleg bzw. Cuenca liegen einige schöne Fleckchen, die sich ideal für einen Wochenendbesuch anbieten.
 
… Der Wallfahrtsort, mit dem wohlklingenden Namen Biblian, gehört dazu. Markenzeichen jener Ortschaft ist die „Santuario de la Virgen del Rocio“; eine auf einer Anhöhe thronenden Kirche. Neben der klassisch schönen Bauweise, hat mich vor allem fasziniert, dass die Kirche regelrecht in den Hügel hineingebaut wurde, d.h. die hinter dem Altar befindliche Wand ist bloßes, unbearbeitetes Felsgestein. Im Anschluss daran lege ich einen Stopp in der Provinzhauptstadt Azouges ein, von deren Kathedrale aus man einen weitläufigen Ausblick hat. Auffallend ist, dass die Stadt wie „muerto“ (tot) wirkt – trotz der Größe der Siedlung sind kaum Leute unterwegs, die Straßen und Gassen wirken ausgestorben und die Restaurants und Geschäfte sind so gut wie unbesucht. Diese Eigenschaft scheint im Hochland ein, zwei Städte anzuhaften. Woran das wohl liegen mag?


 
 
Am nachfolgenden Wochenende mache ich mich auf den Weg nach Ingapirca. Hinter diesem Namen verbirgt sich die größte Inka-Ausgrabungsstätte Ecuadors. Die Anlage liegt auf einer Anhöhe, mit Blick auf ein grün bewachsenes Umfeld und einen Fluss, der sich durch Wälder und Wiesen windet. Es ist beeindruckend welch fortschrittliche und ausgeklügelte Bauten damals entwickelt wurden und auf welche Art und Weise sie sich nach den Naturbegebenheiten, wie Sonne und Mond, ausrichten. Das besterhaltene und damit fast vollständige Gebäude ist der Sonnentempel, dessen Steine so fugenlos aufeinandergesetzt wurden, dass keinerlei füllende Masse von Nöten war. Nach der Führung folge ich einer einstündigen Rundwanderung, die unter anderen am so genannten „Inka-Gesicht“ [siehe letztes Foto] vorbeiführt.


 
 
 
 



Ausblick: Übersicht über den Arbeitsmonat März

 

Dienstag, 13. Mai 2014

Weiterreise

Das Karnevalstreiben in Ambato hinter uns lassend [siehe vorheriger Blogeintrag], führt die Reise weiter nach Baños, nach wie vor im Hochland, wenngleich dem Amazonas nicht mehr fern. Die Sierra präsentiert sich uns in ihrer ganzen Pracht – naturbelassene Wälder, sattgrüne Wiesen, bewirtschaftete Felder … Wir folgen einem Flusslauf; ein schillerndes Band zu Füßen von sich in luftigen Höhen verlierenden Gebirgszügen. Weidende Kühe, Lasten tragende Esel und Ochsengespanne runden das idyllische Bild ab.
 
Der Anblick, der sich mir hinter der nächsten Biegung präsentiert, verursacht mir noch Wochen später eine Gänsehaut: der Vulkan Tungurahua; eine majestätische Naturgewalt, die mit ihrer unbarmherzigen Schönheit die Umgebung in den Schatten stellt. Jener Vulkan forderte bereits mehrere Evakuierungen der umliegenden Siedlungen heraus; im Zuge von Eruptionen und enormen Aschewolken (bemerkbar sogar im trauten Chordeleg!) kam es erst kürzlich zu einer erhöhten Alarmbereitschaft.
 
Baños, einer der Hauptattraktivitäten Ecuadors, wirbt mit dem Slogan „am Fuße des Vulkans leben“ – und tatsächlich, ohne zu übertreiben, liegt der Ort just an den Ausläufern des Tungurahua, der sich uns in den kommenden Tagen jedoch leider nur noch wolkenverhangen präsentiert. Während das Dorf auf der einen Seite von Berghängen begrenzt wird, zieht auf der anderen Seite der Fluss „Rio Verde“ eine natürliche Grenze. Vielleicht ist es den fehlenden Expansionsmöglichkeiten zuzuschreiben, dass Baños bis heute seinen natürlichen Charme behalten hat – kleine Häuser, ruhige Gassen, grüne Parks und Plätze laden zum Flanieren ein. Während die Natur mit einem vielfältigen Sportangebot lockt – von Wandern bis Kajaken ist alles dabei -, bieten ortsansässige Thermalbäder die ausgleichende Entspannung. Aufgrund seines einzigartigen Umfeldes, dem milden Klima und dieser Gelassenheit, die einem unmittelbar nach der Ankunft ergreift, erinnert mich Baños sehr an Vilcabamba. Bekannt ist   Baños auch für seine süßen Spezialitäten – ein Marktstand neben dem anderen wirbt mit Sirup, Nougat und Zuckerrohr (Cañar). Besonders typisch sind die so genannten „Alfeñique“; Cremeriegel, die in langen zähen Striemen so lange über einen Ast geschlagen werden, bis sie über die richtige Konsistenz verfügen. Muskeltraining der anderen Art!


 
 
 
 
 
Der Karneval hat uns übrigens noch nicht komplett losgelassen: Die Menschen, Autos und Straßen sind mit Schaum eingesprüht, Mehl eingestaubt und Eiern beworfen. Ein unvergesslich lustiger Faschingsaugenblick wird mir beschert, als wir im Bus unterwegs sind: Jener hält mit geöffneten Vordertüren am Straßenrand, als plötzlich drei Frauen aus einem Hauseingang treten und einen Eimer Wasser ins Businnere schütten. Ergebnis: Ein durchnässter Chauffeure und gebadete Passagiere. Reaktion: Einstimmiges Lachen. (Drängt sich bei mir automatisch die Frage auf, welche Handgreiflichkeiten Emotionen solch eine Aktion wohl in Wien hervorrufen würde …)
 
Wasserfälle – und davon nicht wenige – zählen zu den beliebtesten Ausflugszielen. Der „Rio Verde“ fließt durch eine breite Schlucht; beidseitig flankiert von Felswänden, die viel Platz und Möglichkeiten für Wassergefälle bieten. Mit dem Bus steuern wir unser erstes Ziel an – der Wasserfall „Paillon del Diablo“. Nach einem blätterverhangenen Abstieg führen Stufen, nass und rutschig, direkt neben den Wassermassen, die sich schäumend und wirbelnd in die Tiefe stürzen, hinauf. Teilweise verengt sich der steile Aufstieg zu einem Felstunnel, den man nur krabbelnd bezwingen kann. Platzangst vorprogrammiert! Und spätestens wenn man den Aussichtspunkt ganz oben verlässt, ist man durchnässt …


 
 
Über die Schlucht hinweg gestalten sich unzählige „Mutproben“ – in eine davon wage ich mich auf unserem Rückweg: Eine offene Mini-Gondel schaukelt in schwindelerregender Höhe auf einem Drahtseil und bietet einen tollen Ausblick auf zwei Wasserfälle.


 
 
 
 
 
 
 
 
Nach ein paar wunderschönen Tagen in Baños naht der Abschied von Hugo, mit dem ich bisher unterwegs war. Nun geht es alleine für mich weiter. Wirklich alleine jedoch nur für die nächsten zwei Stunden, die der Bus von Baños in die weiter nördlich gelegene Stadt Latacunga benötigt. Im dortigen Hostal lerne ich nämlich zwei Deutsche (ohne Scherz, die sind wirklich überall!) und einen Franzosen (wir unterhalten uns in einer konfusen Mischung aus Spanisch, Englisch und Deutsch) kennen. Sie alle sind Alleinreisende und auch wiederum nicht – kaum betrittst du einen Bus oder ein Hostal ist die nächste Bekanntschaft im Regelfall nicht fern.
 
Die Provinzhauptstadt Latacunga liegt an einem der weltweit höchsten aktiven Vulkane, dem Cotopaxi, der ebenfalls Namensgeber eines Nationalparks ist. Ich statte der Stadt, die über ein hübsches, aber unspektakuläres Zentrum verfügt, jedoch aufgrund eines anderen Naturwunders einen Besuch ab – die Laguna Quilotoa.
 
Die dreistündige Busfahrt dorthin bestreite ich in einem brechend vollen Bus, in dem ich, neben all den sich in Quechua unterhaltenden und mit Trachten und Sombreros bekleideten Einheimischen, ganz klar die einzige „extranjera“ bin. Die Straße führt beständig aufwärts, schlängelt sich durch eine hügelige Landschaft, die mehrheitlich der Landwirtschaft vorbehalten ist, durchbrochen von Schluchten und bedrohlich aufragende Felsgipfel. Bereits nach ein paar Minuten Fahrt breitet sich die gesamte Umgebung – ein weitläufiges Tal, in dem auch Latacunga angesiedelt ist – vor meinem Fenster aus.
 
Am Kratersee lebt eine Handvoll Indigener, die von der Landwirtschaft und einem kleinen touristischen Erlös leben. Ich selbst sehe plötzlich etwas blau aufblitzen und stolpere, so hastig drängt es mich, ein paar Holzstufen zu einer Plattform hinauf. Vor mir erstreckt sich eine smaragdblaue, spiegelglatte Wasserfläche, eingebettet in einem felsigen Kessel. In solch einer Höhe! Mit solch einer Wasserfarbe! In einer derartigen Größe! Ich kann meinen Blick nicht von diesem Naturschauspiel wenden. Über den Kraterrand, der teilweise steinig, teilweise mit robusten, der Kälte resistenten Pflanzen bewachsen ist, schwappen Wolken und verstärken die Mystik jenes Augenblickes. Und als wäre der atemberaubende Ausblick nicht schon genug, komme ich in den Genuss eines Ein-Mann-Konzertes, das ein Musiker mit seinem Cello abhält. Der Abstieg ist sandig und steil und am Seeufer wird Campen sowie Kajak Fahren angeboten. Für den Aufstieg gönne ich mir einen Eselsritt. Auf Wegmitte fallen die ersten Tropfen zu Boden und wie man mir berichtet, folgt hier das Wetter seinen eigenen Regeln – es ist möglich, dass es nur außerhalb regnet und der Krater selbst trocken bleibt, oder aber, dass es nur Innen regnet. Letzteres ist normalerweise sehr heftig, folglich sehr gefährlich und an einen Aufstieg dann nicht mehr zu denken … Oben angekommen hat dichter Nebel die Umgebung fest im Griff und ich bin erleichtert, rasch eine Mitfahrgelegenheit ausfindig machen zu können.´

 
 
 
 
 
 
 
 
 
Ausblick: Ausflüge am Wochenende – Kulturstätte

Samstag, 3. Mai 2014

Karneval!

Karneval. Ein den Februar und März alles dominierende Thema. In Österreich war mir dieser Verkleidungszirkus immer etwas zuwider. Hier in Ecuador gestaltet sich das Ganze jedoch eine Spur anders …
 
Wasser ist das Schlagwort schlechthin: Es wird mit Pistolen bespritzt, Bomben geworfen und Flaschen (bzw. Eimer, wenn man besonderes Pech hat) übergossen. Und dabei sind nicht nur Kinder und Jugendliche, sondern alle Altersklassen betroffen. Da heißt es dann also, wenn dir eine Gruppe mit Wasserkübeln entgegenkommt, rechtzeitig die Straßenseite zu wechseln, sich vor vorbeirauschenden Autos und Bussen mit geöffneten Scheiben in Acht zu nehmen und sich gewahr sein, dass beim Passieren einer Häuserwand jeden Moment etwas von oben kommen könnte. Dieser nasser Brauch ist im ganzen Land verbreitet, wenngleich im Hochland von ganz anderen Umständen geprägt: Es pflegt in den Faschingswochen zu regnen und mitunter empfindlich kalt zu werden …
 
Weitere Schlagwörter: Mehl und Schaum; letzteres gibt es in Sprühdosen jeder Größenordnung zu kaufen. Die Straßen verwandeln sich in Schaumbäder und der süßliche Geruch lässt sich auch von den vermehrt auftretenden Regengüssen nicht vertreiben.
 
Ob man das alles nun mag oder nicht, drum herum kommt man sowieso nicht. Will man sich also nicht einen Monat zu Hause verbarrikadieren, ist Humor gefragt – und ein Vorrat an Plastiksäckchen, in die man zur Sicherheit Geld und Handy packen sollte.
 
Die (Vor-)Karnevalszeit verbringe ich im Dorf. In der Arbeit schmücke ich das Wohnzimmer der Abuelitos mit Girlanden und selbstgebastelten Clowns. Zu meinem Pech hat sich auch in die Fundacion eine Schaumkanone eingeschlichen … Und als ich mit einem Wasserkrug zum Gegenschlag ausholen will, geht die Ladung unbeabsichtigterweise direkt auf die religiösen Schwestern nieder.
 
Während meine Gastfamilie anlässlich der Feiertage traditionsmäßig ein Schwein schlachtet, ziehe ich die tierfreundlichere Variante vor: „El Carnaval de las Flores y Frutas“ in Ambato. Die Provinzhauptstadt liegt in der Sierra, etwa auf Wegmitte zwischen Cuenca und Quito. Jene andine Strecke ist unter der Bezeichnung „ruta de los vulcanes“ (Vulkanstraße) bekannt, als Namensgeber gilt Alexander von Humboldt. Und tatsächlich – bei Riobamba, einer Stadt unweit von Ambato, bekommen wir erstmals den Chimborazo und den schneebedeckten Bergrücken des Carihuairazo zu Gesicht. Solche Naturgewalten lassen einem nicht kalt.
 
Ambato selbst liegt in einem weitläufigen Kessel, begrenzt von Bergketten, um die sich tiefhängende Wolken ballen, die nicht selten Regen mit sich tragen … Die Stadt, die kaum über touristische Attraktivität verfügt, scheint in der Faschingszeit wie ausgewechselt – die wenig verbleibenden Übernachtungsmöglichkeiten sind überteuert, die Straßen mit Menschen bevölkert und es herrscht ununterbrochen Feierstimmung.
 
Nach unserer samstäglichen Ankunft erkunden wir in einem nächtlichen Spaziergang die Stadt – Musik erschallt an jeder Ecke, Essensgeruch weht durch die Gassen, Feuerwerke erhellen den Himmel, Straßenkomiker locken Schaulustige an … Um Mitternacht beginnen die Vorbereitungen für den kommenden Tag: Das Zentrum wird autofrei abgesperrt und Sitzgelegenheiten werden aufgestellt. Ich kann es erst gar nicht glauben, doch, um sich die besten Plätze zu sichern, übernachten viele draußen, auf Klappstühlen, eingemummelt in Decken …
 
Auch wenn wir am nächsten Morgen früh aufstehen, sind die Gehsteige bereits von Menschenmassen besetzt und wir bekommen es glatt mit der Angst zu tun, den legendären Umzug aus reiner Sichtbeschränkung zu verpassen … Mit mehr Glück als Verstand ergattern wir schließlich doch noch ein freies Fleckchen Asphalt, quasi „front row“. Und ist es nachts so kalt, dass man sich über dazugesellenden Schnee nicht wundern würde, brennt die Sonne zur Mittagsstunde derart vom Himmel, dass man sowohl auf der bloßen Straße als auch auf meiner Kopfhaut Spiegeleier braten könnte. Sonnenbrand ahoi! (Diese extremen Wetterzustände sind ein typisches Phänomen in Ecuador bzw. der Sierra.)
 
All das vermag jedoch in keinster Weise den dargebotenen Umzug zu trüben, der zu Recht ald der berühmteste des Landes gilt: Zwei Stunden lang zieht an mir ein buntes Spektakel an Tänzern, Akrobaten, Musikern und Schönheitsköniginnen vorbei. Die riesenhaften Gefährte wurden in Kleinarbeit mit Früchten, Gemüse, Brot oder schlicht wiederverwertbaren Materialien, wie Plastikflaschen, ausgestaltet und an der Vielfalt an Kostümen kann man sich gar nicht genug sattsehen. Die Prozession endet mit Besuchern anderer Länder, wie die Ukraine oder Niederlande, und der Darbietung landestypischer Tänze.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
dieses Meerschweinchen fungiert
als Koch und Speise gleichzeitig
 
 
 
Danach beginnt ein Spektakel sondergleichen – die breite Hauptstraße bevölkert eine Flut an Feiernden, die eine wahre Schaumschlacht einläuten. Nichts und niemand wird verschont! Und wenn sich zwei Gruppen, ausgestattet mit Schaumkanonen, begegnen, drängt sich bei mir automatisch dieser Wer-Ist-Schneller-Beim-Zücken-Der-Waffe-Westernvergleich auf.
 
Im Anschluss daran begeben wir uns auf eine erhöhte Ansiedlung am Stadtrand, wo wir einem Eselwettrennen, einem orchesterbegleiteten Faschingsumzug und einem „Mastklettern“ beiwohnen. Was es mit zuletzt genannten Brauch auf sich hat? Am Ende eines meterhohen Baumstammes baumeln Geschenke, die von jedem Wagemutigen erstanden werden können. Auftretende Schwierigkeiten: Der Mast ist mit reichlich Fett bestrichen und ohne jegliche hilfestellende Ein- und Auskerbung.


 
 
beste Verkleidung des Tages
 
 
 
 
sogar in der Markthalle spürt man die Feierstimmung
 
 
Am Montag verabschieden wir uns mit einem letzten Abstecher ins Zentrum. Dort herrscht ein farbenfrohes Gewusel – Stimmengewirr vermischt sich mit den unterschiedlichsten Musiktönen, Tänzer gruppieren sich zu kleinen Choreographien, Magier bieten ihre Künste neben jenen von Portraitmalern an, der Parkzaun gleicht einer Galerie, vollgestellt mit Gemälden und Kunsthandwerken …
 
 
 
Ausblick: zu Füßen eines Vulkans, Wasserfälle, Kraterlagune … Naturwunder!