Mittwoch, 4. Dezember 2013

Guayaquil

Für ein Wochenende an die Küste. Sonne tanken. … Dieser Verlockung gebe ich Mitte Oktober nach, als ich Guayaquil, der größten Stadt Ecuadors, einen Besuch abstatte. Zugegebenermaßen – dass mich hier die Personen mit „Viel Glück. Ich hoffe, du wirst nicht ausgeraubt.“ verabschieden, trägt nicht gerade zu meiner Beruhigung bei, hält mich aber auch nicht davon ab, an jenen feiertagsfreien Freitag im Terminal ein Busticket zu kaufen …

Einer Serpentinenstraße folgend, schlängelt sich der Bus zu Beginn beständig aufwärts und die empfindlich kalte Höhenluft lässt die nur wenige Stunden entfernte Ankunft in der brütenden Hitze der Großstadt beinahe unwirklich erscheinen … Wir durchqueren die unberührte Natur des Nationalparks „El Cajas“, dessen gebirgiges Landschaftsbild von Seen und Flüssen durchzogen ist. Am Wegesrand grasen Lamas und mit sicheren Tritt transportieren Pferde Brennholz und Proviant.

Mit einem röhrenden Keuchen nimmt der Bus die letzten Höhenmeter, bevor es schließlich bergab geht … Kurvenreich windet sich die Straße entlang felsiger Gebirgswände und während der Nationalpark von Braun- und Grautönen beherrscht wird, zeugen hier satte Grüntöne und Wälder von einer Vielfalt an Leben. Was mir darüber hinaus den Atem raubt, ist der Ausblick – meeresgleich schwappt eine bis an den Horizont reichende, dichte Wolkendecke gegen die Berghänge und lässt die aus dem Weiß ragenden Gipfeln, wie Trittsteine in einem Fluss erscheinen. Nebel kriecht über die Hänge, als wolle er sie verschlucken, und ich klebe mit der Nase an der Fensterscheibe, aus Angst, das unglaubliche Himmelsschauspiel könne sich jede Sekunde im Nichts auflösen.

Plötzlich bekomme ich eine uns knapp vor der nächsten Kurve erwartende Nebelwand zu Gesicht. Mit einmal mal, gleich einem Flugzeug, durchbrechen wir sie und befinden uns im Inneren der Wolke. Von allen Seiten drückt Nebel gegen die Scheibe und der Ausblick beschränkt sich auf wenige Meter. Zum Glück manövriert uns jedoch der Fahrer, ohne Schaden zu nehmen, hinaus und abermals hat sich das Landschaftsbild komplett verändert. Als hätte man mit dem Lineal eine Grenze gezogen, wird das Gebirge von einer weitreichenden Ebene, die nicht die kleinste Erhebung aufweist, abgelöst. Aufgrund der feuchtheißen Temperaturen entledige ich mich hastig meiner Jacke, die ich kurz zuvor noch bitter nötig hatte. Schilder weisen Wege zu den inmitten von Bananen- und Kakaoplantagen gelegenen Haziendas. Entlang des Weges reihen sich Stände, die mit einer Farbenpracht an Obst den Straßenstaub trotzen, und immer wieder steigen VerkäuferInnen hinzu, die über Ananas, Wassermelone, Eis, Schokolade bis hin zu frittierten Fleisch alles anbieten. Im schlammig braunen Wasser eines Flusses suchen die Menschen Abkühlung und waschen ihre Wäsche und die am Busfenster vorbeiziehenden Dörfer, die sich teilweise lediglich entlang einer einzelnen Hauptstraße gruppieren, zeugen von einer lebendigen Betriebsamkeit. Besonders eindrucksvoll erscheinen die gepflegten Reisfelder, die im Licht der Sonne grün schimmern.

Dieser plötzliche Wandel in … schlicht Allem lässt mich – ein weiteres Mal an diesem Tag – atemlos zurück. Schon jetzt ist mir klar, dass sich der Besuch in Guayaquil allein aufgrund dieser unvergesslichen Fahrt mehr als gelohnt hat.
 

Romeo Santos - Propuesta Indecente

Die Hafenstadt Guayaquil liegt nicht direkt am Meer, jedoch am Ufer des „Rio Guayas“ über den der Großteil der ecuadorianischen Importe und Exporte abgewickelt wird. Die im Schachbrettmuster angelegte Stadt erscheint auf meiner Taxifahrt vom Terminal (der dementsprechend groß ist; bei meiner Rückfahrt nehme ich beispielsweise einen Bus in einer der Obergeschosse des Gebäudes …) ins Zentrum wenig attraktiv. Nichtsdestotrotz üben die Hektik des Großstadttreibens, das Verkehrschaos und die Menschenmengen einen besonderen Reiz auf mich aus.

Am Tag meiner Ankunft bleibt mir nicht viel mehr Zeit, als eine Unterkunft zu suchen. Zufällig ist es just jener Freitag, wo Ecuador mit einer Fußballpartie seinen Einzug in die Weltmeisterschaft sichert, und dementsprechend ist jeder in der Stadt zu findende (öffentliche) Fernseher von einer mitfiebernden Menschenmenge umringt.

Der Samstag wird gänzlich der Stadterkundung gewidmet – den Tag ausnützend bin ich mehr als sechs Stunden, quasi nonstop, auf den Beinen. Mit der nachfolgenden Bildersammlung lade ich gerne ein, mit mir daran teilzuhaben:

 
 
 
"Parque de las Iguanas"
 
 
 
Straßenmarkt
 
 
 
 
 
Altstadt und Künstlerviertel
 
 
Ausblick auf den "Rio Guaya" und
die Uferpromenade "Malecon"
 
 
 
 
 
 
 
viele Treppenstufen zu steigen ...
 
 
Gemälde zeitgenössischer ecuadorianischer Maler
an einer Häuserwand ...
 
 
"Heute werde ich nicht arbeiten"
 
 
"Die Hände"
 
 
Auch wenn ich mich im Grunde nur im Stadtzentrum bewegt habe und bei Einbruch der Dunkelheit meine Unterkunft aufgesucht habe, ist doch ein besonderes Maß an Vorsicht geboten – vor allem alleine, vor allem als Frau, vor allem als AusländerIn. Anstrengend aufdringlich sind besonders die Männer; weit mehr noch, als beispielsweise in Quito oder Cuenca.

Am Sonntag trete ich die Heimreise an, wobei ich mich aufgrund der Busfahrt sogar darauf freuen kann … Weniger erfreulich ist da schon der Umstand, dass anstatt eines Leintuches, wieder drei Wolldecke, eine weitere Decke, mein Schlafsack und ein dicker Pyjama in meinem Bett auf mich warten.

 

Ausblick: Unterwegs in Cuenca


 

2 Kommentare:

  1. Super Fotos! Ganz schön mutig der Mann, der da auf diesen Masten klettert.
    Erlaubt war das aber nicht, oder?
    Alles Liebe
    Gitti

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    1. Danke! (: Der Mann musste irgendetwas am Fahnen-Mast richten/fixieren - und das, ganz ohne jegliche Sicherung. Dementsprechend gezittert hat er auch ...
      Un abrazo,
      Naomi

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