Das
Karnevalstreiben in Ambato hinter uns lassend [siehe vorheriger Blogeintrag],
führt die Reise weiter nach Baños, nach wie vor im Hochland, wenngleich dem
Amazonas nicht mehr fern. Die Sierra präsentiert sich uns in ihrer ganzen
Pracht – naturbelassene Wälder, sattgrüne Wiesen, bewirtschaftete Felder … Wir
folgen einem Flusslauf; ein schillerndes Band zu Füßen von sich in luftigen
Höhen verlierenden Gebirgszügen. Weidende Kühe, Lasten tragende Esel und
Ochsengespanne runden das idyllische Bild ab.
Der
Anblick, der sich mir hinter der nächsten Biegung präsentiert, verursacht mir
noch Wochen später eine Gänsehaut: der Vulkan Tungurahua; eine majestätische
Naturgewalt, die mit ihrer unbarmherzigen Schönheit die Umgebung in den
Schatten stellt. Jener Vulkan forderte bereits mehrere Evakuierungen der
umliegenden Siedlungen heraus; im Zuge von Eruptionen und enormen Aschewolken
(bemerkbar sogar im trauten Chordeleg!) kam es erst kürzlich zu einer erhöhten
Alarmbereitschaft.
Baños,
einer der Hauptattraktivitäten Ecuadors, wirbt mit dem Slogan „am Fuße des
Vulkans leben“ – und tatsächlich, ohne zu übertreiben, liegt der Ort just an
den Ausläufern des Tungurahua, der sich uns in den kommenden Tagen jedoch
leider nur noch wolkenverhangen präsentiert. Während das Dorf auf der einen
Seite von Berghängen begrenzt wird, zieht auf der anderen Seite der Fluss „Rio
Verde“ eine natürliche Grenze. Vielleicht ist es den fehlenden
Expansionsmöglichkeiten zuzuschreiben, dass Baños bis heute seinen natürlichen
Charme behalten hat – kleine Häuser, ruhige Gassen, grüne Parks und Plätze
laden zum Flanieren ein. Während die Natur mit einem vielfältigen Sportangebot
lockt – von Wandern bis Kajaken ist alles dabei -, bieten ortsansässige
Thermalbäder die ausgleichende Entspannung. Aufgrund seines einzigartigen
Umfeldes, dem milden Klima und dieser Gelassenheit, die einem unmittelbar nach
der Ankunft ergreift, erinnert mich Baños sehr an Vilcabamba. Bekannt ist Baños auch für seine süßen Spezialitäten –
ein Marktstand neben dem anderen wirbt mit Sirup, Nougat und Zuckerrohr
(Cañar). Besonders typisch sind die so genannten „Alfeñique“; Cremeriegel, die
in langen zähen Striemen so lange über einen Ast geschlagen werden, bis sie
über die richtige Konsistenz verfügen. Muskeltraining der anderen Art!
Der
Karneval hat uns übrigens noch nicht komplett losgelassen: Die Menschen, Autos
und Straßen sind mit Schaum eingesprüht, Mehl eingestaubt und Eiern beworfen.
Ein unvergesslich lustiger Faschingsaugenblick wird mir beschert, als wir im
Bus unterwegs sind: Jener hält mit geöffneten Vordertüren am Straßenrand, als
plötzlich drei Frauen aus einem Hauseingang treten und einen Eimer Wasser ins
Businnere schütten. Ergebnis: Ein durchnässter Chauffeure und gebadete
Passagiere. Reaktion: Einstimmiges Lachen. (Drängt sich bei mir automatisch die
Frage auf, welche Handgreiflichkeiten Emotionen solch eine Aktion wohl
in Wien hervorrufen würde …)
Wasserfälle
– und davon nicht wenige – zählen zu den beliebtesten Ausflugszielen. Der „Rio
Verde“ fließt durch eine breite Schlucht; beidseitig flankiert von Felswänden,
die viel Platz und Möglichkeiten für Wassergefälle bieten. Mit dem Bus steuern
wir unser erstes Ziel an – der Wasserfall „Paillon del Diablo“. Nach einem
blätterverhangenen Abstieg führen Stufen, nass und rutschig, direkt neben den
Wassermassen, die sich schäumend und wirbelnd in die Tiefe stürzen, hinauf.
Teilweise verengt sich der steile Aufstieg zu einem Felstunnel, den man nur
krabbelnd bezwingen kann. Platzangst vorprogrammiert! Und spätestens wenn man
den Aussichtspunkt ganz oben verlässt, ist man durchnässt …
Über
die Schlucht hinweg gestalten sich unzählige „Mutproben“ – in eine davon wage
ich mich auf unserem Rückweg: Eine offene Mini-Gondel schaukelt in
schwindelerregender Höhe auf einem Drahtseil und bietet einen tollen Ausblick
auf zwei Wasserfälle.
Nach
ein paar wunderschönen Tagen in Baños naht der Abschied von Hugo, mit dem ich
bisher unterwegs war. Nun geht es alleine für mich weiter. Wirklich alleine
jedoch nur für die nächsten zwei Stunden, die der Bus von Baños in die weiter
nördlich gelegene Stadt Latacunga benötigt. Im dortigen Hostal lerne ich
nämlich zwei Deutsche (ohne Scherz, die sind wirklich überall!) und einen
Franzosen (wir unterhalten uns in einer konfusen Mischung aus Spanisch,
Englisch und Deutsch) kennen. Sie alle sind Alleinreisende und auch wiederum
nicht – kaum betrittst du einen Bus oder ein Hostal ist die nächste
Bekanntschaft im Regelfall nicht fern.
Die
Provinzhauptstadt Latacunga liegt an einem der weltweit höchsten aktiven
Vulkane, dem Cotopaxi, der ebenfalls Namensgeber eines Nationalparks ist. Ich
statte der Stadt, die über ein hübsches, aber unspektakuläres Zentrum verfügt,
jedoch aufgrund eines anderen Naturwunders einen Besuch ab – die Laguna
Quilotoa.
Die
dreistündige Busfahrt dorthin bestreite ich in einem brechend vollen Bus, in
dem ich, neben all den sich in Quechua unterhaltenden und mit Trachten und
Sombreros bekleideten Einheimischen, ganz klar die einzige „extranjera“ bin.
Die Straße führt beständig aufwärts, schlängelt sich durch eine hügelige
Landschaft, die mehrheitlich der Landwirtschaft vorbehalten ist, durchbrochen
von Schluchten und bedrohlich aufragende Felsgipfel. Bereits nach ein paar
Minuten Fahrt breitet sich die gesamte Umgebung – ein weitläufiges Tal, in dem
auch Latacunga angesiedelt ist – vor meinem Fenster aus.
Am
Kratersee lebt eine Handvoll Indigener, die von der Landwirtschaft und einem
kleinen touristischen Erlös leben. Ich selbst sehe plötzlich etwas blau
aufblitzen und stolpere, so hastig drängt es mich, ein paar Holzstufen zu einer
Plattform hinauf. Vor mir erstreckt sich eine smaragdblaue, spiegelglatte
Wasserfläche, eingebettet in einem felsigen Kessel. In solch einer Höhe! Mit
solch einer Wasserfarbe! In einer derartigen Größe! Ich kann meinen Blick nicht
von diesem Naturschauspiel wenden. Über den Kraterrand, der teilweise steinig,
teilweise mit robusten, der Kälte resistenten Pflanzen bewachsen ist, schwappen
Wolken und verstärken die Mystik jenes Augenblickes. Und als wäre der
atemberaubende Ausblick nicht schon genug, komme ich in den Genuss eines
Ein-Mann-Konzertes, das ein Musiker mit seinem Cello abhält. Der Abstieg ist sandig und steil und am
Seeufer wird Campen sowie Kajak Fahren angeboten. Für den Aufstieg gönne ich
mir einen Eselsritt. Auf Wegmitte fallen die ersten Tropfen zu Boden und wie
man mir berichtet, folgt hier das Wetter seinen eigenen Regeln – es ist
möglich, dass es nur außerhalb regnet und der Krater selbst trocken bleibt,
oder aber, dass es nur Innen regnet. Letzteres ist normalerweise sehr heftig,
folglich sehr gefährlich und an einen Aufstieg dann nicht mehr zu denken … Oben
angekommen hat dichter Nebel die Umgebung fest im Griff und ich bin
erleichtert, rasch eine Mitfahrgelegenheit ausfindig machen zu können.´
Ausblick:
Ausflüge am Wochenende – Kulturstätte
Wer möchte da nicht am liebsten sofort seinen Rucksack packen? So schön!
AntwortenLöschenGitti
Du musst sowieso unbedingt die Marlene und überhaupt meine ganze Gastfamilie (und das sind nicht wenige haha) hier kennenlernen. Dann holen wir einfach ein paar Orte nach, die ihr bei eurem letzten Besuch ausgelassen habt ... (: <3
LöschenJa, das klingt sehr verlockend.
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