Ich
besuche nicht nur den Amazonas [siehe letzter Blogeintrag], sondern auch das
andine Hochland Ecuadors. Meinen ersten Halt lege ich in Baños ein, das ich,
von meinem Heimatdorf aus, nach insgesamt zehn Stunden Busfahrt erreiche. Jene,
bereits einmal von mir besuchte, Ortschaft [siehe "Weiterreise"] weckt aus zweierlei
Gründen mein Interesse: Zum einen aufgrund der dort heimischen süßen
Spezialitäten, die ich nach Österreich mitzunehmen gedenke, zum anderen liegt
es an dem Ausflugsziel „Casa del Arbol“ (Baumhaus). Ein öffentlicher Bus, der
diese Strecke zwei Mal täglich bestreitet, schlängelt sich die gebirgigen
Ausläufer des Vulkans hinauf, vorbei an kleinen landwirtschaftlichen Betrieben.
Sich aus dem Himmel stürzende Wasserfälle speisen Flussläufe und felsige
Schluchten klaffen im sonnenbeschienenen Naturgrün auf.
(Herr-der-Ringe-Landschaft!) Das Baumhaus ist über einen schlammig-steilen
(gute Kombination!) Pfad zu erreichen; anbei befindet sich die wind-, wetter-
und vor allem vulkantrotzende Hütte
des Besitzers und eine freie Wiesenfläche. Im Hintergrund erhebt sich der
aktivste Vulkan Ecuadors – der Tungurahua. 1999 ereignete sich die letzte
vollständige Evakuierung Baños; alle paar Monate ist er (meist in Form von
Stein- und Ascheregen, den der Wind mitunter bis nach Peru trägt) zu kleinerem
oder größerem Grade aktiv.
Vulkan „Tungurahua“
Nächster
Stopp: Quito [siehe "Quito"]. Aufgrund eines alkoholisierten und sowohl zahlungs-,
als auch aussteigungsunwilligen Fahrgastes gibt es Anfahrtsschwierigkeiten.
(Betrunkene Chauffeure, die die Straße entlangschlingern und später der Polizei
beteuern, es sei alles in Ordnung; Ticketverkäufer, die ihre
Meinungsverschiedenheit in einer Prügelei an der nächsten Haltestellte
fortsetzen; Busfahrer, die ihre Kinder bis zur nächsten Straßenecke
vorschicken, um sicherzugehen, dass dort keine Polizeikontrolle lauern würde …
Alles schon erlebt!) Hüfthohe Gräser, dem rauen Klima trotzendes Gebüsch,
Felsformationen, kräftig sprudelnde Flüsse und Wassergefälle, sowie Seen prägen
die Aussicht aus dem Busfenster. Auf mehreren tausend Meter über den
Meeresspiegel haben sich Thermalbäder angesiedelt und es gibt Möglichkeiten zum
Angeln und/oder Fischessen (besonders beliebt: „trucha“, zu Deutsch Forelle).
Momentaufnahme am Wegesrand: Tourist, der – eine Spezies, die leicht zu
erkennen ist an ihren khakifarbenen ¾-Hosen und Safarihüten; in der Regel in
Gruppen zu je zehn, fünfzehn Personen anzutreffen; in diesem Fall wie gebannt
den Stamm eines x-beliebigen Baumes hinaufstarrend; ausgestattet mit Kameras (Canon
oder Nikon, natürlich) die mit ihren Objektiven Fernrohren gleichen.
Vulkan „Cotopaxi“
Ibarra
liegt nördlich der Hauptstadt, nahe der kolumbianischen Grenze. Die unter dem
Namen „Ciudad Blanca“ (Weiße Stadt) bekannte Siedlung ist leider eine
Enttäuschung für mich; die als Namensgeber geltenden weiß getünchten
Kolonialhäuser im historischen Zentrum sind weder zahlreicher noch schöner als
in anderen Städten des Hochlandes vertreten. Die Parks und Plätze mit
angrenzenden Kirchen sind genauso hübsch wie unspektakulär.
Der
Ort Otavalo [siehe "Und Umgebung"] liegt eine halbe Stunde von Ibarra entfernt und lockt
mich, in Hinblick meiner baldigen Heimreise, aufgrund seines landesweit
berühmten Samstagmarktes. Neben dem „Plaza Poncho“, dem Hauptplatz, sind auch
die angrenzenden Gassen bis auf den letzten Quadratmeter mit Verkaufsständen
und –zelten zugestellt. Auf Hochtouren wird hier feilgeboten, angepriesen,
verkauft und gekauft, verhandelt und gehandelt … Bei meiner Ankunft bin ich
angesichts des Angebotes so überwältigt, dass ich erstmals nur mit offenen Mund
durch die Standreihen laufe. Nach dem ersten Kauf ist der Bann gebrochen; wie
kann man sich auch dieser Vielfältigkeit an Kunsthandwerk entziehen: Taschen in
allen Farben und Größen, Wollsocken, Handschuhe, Mützen, Pullover, Tücher,
Schals, Decken, Teppiche … Schmuck aus den unterschiedlichsten Materialien,
Skulpturen, Gemälde, verschiedenste Anhänger, Schatullen, Puppen … Beeindruckt
bin ich aber nicht nur davon, sondern auch von den dort heimischen Indigenen,
den Otavaleños, deren Stolz auf ihre Kultur besonders in der Art und Weise, wie
sie sich zeigen und kleiden, zum Ausdruck kommt: Die Frauen, egal ob jung oder
alt, tragen die Tracht: Stoffschlapfen, ein dunkler bodenlanger Rock, eine
weiße Spitzenbluse, mitunter bunter Perlenschmuck und die zu einem Zopf
gebundenen Haare mit einem farbenfrohen Band umschlungen. Die Babys
werden in der Regel in Stoff gewickelt und am Rücken getragen. Viele Männer
besitzen schwarzes, seidig glattes Haar, das zu einem hüftlangen Zopf
geflochten ist. Auch erscheint mir das Quichua an keinen anderen Ort in Ecuador
so präsent wie hier.
Laguna „San Pablo"
In
der Sierra Ecuadors gibt es nicht nur viele Vulkane, sondern auch viele Seen. Mein
Hauptinteresse gilt der Laguna „Cuicocha“, die im Krater eines Vulkans
angesiedelt ist. In Seemitte befinden sich zwei Inseln, die Unterwasser jedoch
miteinander verbunden sind; der Krater selbst misst in seinem Durchmesser 3000
Meter und besitzt keinerlei äußere Zugänge zu Flüssen bzw. in weiterer Folge
zum Meer. Das Wasser erreicht eine Tiefe von 200 Meter und ist 4 bis 14 Grad
kalt; nichtsdestotrotz wird hier alljährlich ein Schwimmwettbewerb ausgetragen.
Que
frio! Da ich nachmittags am Kratersee
eintreffe und eine vollständige Umrundung fünf Stunden in Anspruch nehmen
würde, bestreite ich lediglich einen kleinen Abschnitt. Die 3100 Höhenmeter und
Kälte machen sich bald in Form von Erschöpfung, sowie Kopf- und Ohrenschmerzen
bemerkbar. Mit tollen Ausblicken gesegnet, schließe ich meinen Besuch mit einer
Bootsfahrt ab. Wir queren den schilfgesäumten Kanal zwischen den beiden Inseln,
begleitet von Enten und Reihern. Abgesehen davon gibt es kein nennenswertes Tiervorkommen;
da das Wasser sehr basisch ist, überleben hier keine Fische. Im aktiven (!)
Krater sind Gas-Emissionen zu beobachten – tatsächlich sehe ich unter der
Wasseroberfläche Blasen aufsteigen. Es ist ein ungewohntes Gefühl, in so einem
Kratersee zu gondeln; die spiegelglatte dunkle Seeoberfläche, begrenzt von den
steil aufragenden Kraterwänden, scheint ihr ganz eigenes Geheimnis zu
beherbergen …
Ausblick:
Verabschiedung – letzter Blogeintrag
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