Sonntag, 20. Juli 2014

Esmeraldas [Part Zwei]

… jenen Namen trägt die nördlichste Küstenprovinz Ecuadors, in der die Mehrheit der afroamerikanischen ecuadorianischen Bevölkerung ansässig ist.
 
Die Ortschaft Cojimies liegt auf einer Halbinsel; der Weg dorthin führt direkt am Meer entlang, mit Blick auf endlose palmengesäumte Sandstrände. Bei meiner Ankunft ist deutlich sichtbar, dass sich hierher nicht viele Ausländer verirren, nichtsdestotrotz fühle ich mich sogleich freundlich aufgenommen – kaum bin ich aus dem Bus gestiegen, nähert sich mir ein älterer Mann, um mich im Namen des Dorfes zu begrüßen und mir einen angenehmen Aufenthalt zu wünschen. Die Hilfsbereitschaft und auch Neugierde, die mir entgegen gebracht wird, setzt sich allerorts fort – sei es im Hostal, in den Geschäften oder im Internetcafé. Von einer Gruppe streunender Hunde begleitet, schlendere ich durch die Sandstraßen der Siedlung, auf der Suche nach einer Unterkunft – schließlich fündig geworden, drückt man mir dort neben Schlüssel, Seife und Handtuch, auch das Neue Testament in die Hand. Cojimies liegt an einem Ebbestrand; bei Flut ist dieser so gut wie nicht benutzbar. Über den abendlich einsetzenden Regen freue ich mich sogar – anders als in der Sierra ist Regen an der Costa nämlich eine erfrischende Abkühlung und beschwört keine Kälte hervor.


 
 
 
Nach einer etwas umständlichen Fahrt in drei Bussen und einem Sammeltaxi durch allertiefste und allergrünste Vegetation erreiche ich das fernab gelegene Dorf Mompiche. Während meines (länger als geplant währenden) Aufenthaltes mausert sich Mompiche zu meinem Lieblingsort an der ecuadorianischen Küste. Das liegt schon allein an der Architektur: mehrheitlich genütztes Baumaterial ist Holz, insbesondere Bambus, und grober Stein; Palmwedel überdachen Hauseingänge, Pflanzen ranken sich über Fassaden, Moskitonetze bauschen sich im Wind und Hängematten baumeln auf Balkonen. Neben dem dorfeigenen Strand, der sich entlang der gesamten Bucht erstreckt, besuche ich den „Playa Negra“, einen Kilometer Fußweg entfernt. Jener magische Ort hat seinen Namen wahrhaftig verdient – der Sand ist pechschwarz, was einen schönen Kontrast zu den roten Krebsen bildet, die über den Strand huschen. Wie fein geriebener Graphit fühlt sich der Sand unter meinen Fingern an und hervorbrechende Sonnenstrahlen lassen den Untergrund schimmern und glitzern. Einer Landstraße weiterfolgend, vorbei an affenbevölkerten Riesenbäumen, endet jene am Ufer eines Flusses. Portete nennt sich die Nachbarsiedlung, die sich auf einer dem Festland vorgelagerten kleinen Insel befindet. Was diese Insel zur Ruheoase Nummer Eins macht? Es gibt dort nichts weiter als Sand, Palmen, Meer und eine kleine Häuseransammlung.


 
 
 
 
Portete
 
 
 
 
 
 
Und weiter geht es, immer hinauf in den Norden. Nächsten Halt mache ich in Muisne. Nach einer kurzen Überfahrt mit dem Motorboot, hier gemeinhin als „lancha“ bekannt, lande ich auf der autofreien Insel, die mit ihren dreirädrigen, durch die Gassen düsenden Transportfahrzeugen ein ganz eigenes Flair versprüht. Eine schnurgerade Straße führt durch das Dorfzentrum von einer Inselseite auf die andere, wo sich der (zeitweise von Treibgut verschmutzte) Strand mit einigen Restaurants und Bars befindet. Nach dem Schließen erster Bekanntschaften, was (vor allem an der Küste) nicht schwer ist, da einem die Leute mit einer Herzlichkeit begrüßen, die nicht von dieser Welt ist, werde ich zu einer Kokosnussernte eingeladen. Mehrere Stunden lang klettert ein Junge, mit nichts als einer Machete und einem Seil zum Runterlassen der Ernte, eine Palme nach der anderen hinauf, während zwei ältere Männer die Früchte entgegennehmen. Es gibt Exemplare, die bis zu 30 oder gar 50 Meter hoch werden, und dem barfüßigen Kletterer merkt man die Anstrengung auch nach drei Stunden nicht im Geringsten an. Coco. Coco. Coco. Ein großes Thema oder vielmehr Geschäft! Handwerker nützen die Schale um von Ohrringen bis hin zu Lampenschirmen ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen. Neben purem Kokoswasser oder –fleisch wird allerlei mit Kokosmlich gekocht – Spaghetti mit einer Tomaten-Kokosmlich-Soße, Reis verfeinert mit Gemüse und Kokosmilch … Que rico! Und manch einer versteht sich auch darauf, aus den feinen langgliedrigen Palmwedeln Tiere oder Kopfbedeckungen zu flechten zaubern.


 
 
Atacames überzeugt mich hingegen so gar nicht. Überrascht in einer richtigen Stadt gelandet zu sein, ist alles reichlich touristisch – unzählige Hotelkomplexe, Restaurants und Verkaufsstände säumen den mir wenig attraktiv erscheinenden Strand. Wie es hier wohl erst in der Hochsaison zugehen mag?
 
Esmeraldas ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz und markiert, unweit der Grenze zu Kolumbien gelegen, das vorläufige Ende meiner Reise. Von mir nur angesteuert, weil von dort aus Busse ins zwölfstündig entfernte Cuenca abfahren, schlage ich die Wartezeit im Busterminal der Stadt tot. Esmeraldas lockt mit keinerlei Sehenswürdigkeiten; hinzu kommt eine Raffinerie, die seit der Stadterweiterung direkt im Wohngebiet zu liegen scheint und Hitze und Abgase mit ihrem beißenden Geruch anreichert. Umso mehr überzeugen mich die dort typischen süßen Spezialitäten mit viel Zucker, viel Kokos und vielen Nüssen; die „cocadas“, in Weiß oder Braun, sind eine davon („cocaderos“ nennen sich die landesweit bekannten Verkäufer).
 
 
Ausblick: meine Arbeit im Mai – ein Resümee
 
 

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