Sonntag, 13. Juli 2014

Auf Schienen

Busse sind das Transportmittel Nummer Eins in Ecuador. Jedes noch so ferne Dorf, jede noch so kleine Häuseransiedlung wird im Normalfall von einem Bus angesteuert. Als Faustregel gilt 1 Dollar (umgerechnet etwa 0,70 Euro) pro Fahrtstunde; ein- und aussteigen kann man im Grunde an jedem beliebigen Ort. Ein Passagierlimit gibt es nicht – es werden so lange Mitfahrer aufgenommen, bis man sie in Gepäckfächer und unter den Sitzen zu verstauen beginnt. Die Frage, ob noch Plätze zur Verfügung stehen, wird immer bejaht – ist ja auch nicht gelogen; die Frage ist vielmehr, ob sie noch frei sind … Und erkundigt man sich, wann der Bus abfährt, lautet die Antwort in jedem Fall „In fünf Minuten!“ – egal, ob sich daraus noch weitere zwanzig oder dreißig Minuten Warterei ergeben. Bei Langstrecken erwischt man meist recht komfortable, moderne Busse, bei Kurzstrecken begibt man sich mitunter jedoch in halsbrecherische Gefährte, deren einzige Busähnlichkeit nur noch in dem Umstand besteht, dass sie auf Rädern über die Straße rollen … Was soll ich sagen? Ich liebe Busfahrten. In diesem Jahr habe ich so viele Stunden darin angesammelt, dass es für drei Leben reichen würde, doch ich werde es nicht müde. Klebe ich nicht mit der Nase am Fenster, um die vorbeiziehende Umgebung in Augenschein zu nehmen, findet sich immer ein netter Sitznachbar mit dem sich ein Gespräch lohnt.
 
Nun möchte ich auf ein ganz anderes Transportmittel zu sprechen kommen: Züge. Hier scheint eine interessante Entwicklung vonstattengegangen zu sein, die sich nicht nur auf Ecuador, sondern auch andere lateinamerikanische Länder (z.B. Argentinien) bezieht: Es gab eine Zeit, in der der landesweite Schienenverkehr recht gut ausgebaut war; darauf folgten jedoch massive Stockungen und Stilllegungen. Im Laufe der letzten Jahre starten abermals Bestrebungen, jenen Transportweg zu fördern. Nach wie vor ist er in Ecuador hauptsächlich touristischen Zwecken vorbehalten (und verhältnismäßig teuer), aber auch das soll sich ändern … Übrigens: Kommt die Sprache auf Europa, ruft das bei den meisten hier Assoziationen mit Zügen hervor.
 
An einem Wochenende im Mai fahre ich mit einer Gruppe Freiwilliger an die Küste, um dort an einer zweistündigen Zugrundfahrt teilzunehmen. Duran nennt sich die florierende Kleinstadt kurz vor Guayaquil, in der sich ein Bahnhof mit antiken Loks befindet. Da sich der Zug nur zwei Mal täglich in Bewegung setzt und es zwar Ampeln sowie Warnschilder gibt – all das aber im vorherrschenden Verkehrschaos gerne ignoriert wird -, werden wir von drei Polizisten auf Motorrädern begleitet, die den Zug durch das Stadtgetümmel manövrieren. Wir fahren durch ärmliche Wohnsiedlungen, die unter einer immerwährenden Hitzeglocke brüten; Abfall türmt sich nachlässig auf den Bordsteinen, der Fluss gleich einer braunen Brühe, Kühe weiden in Müllbergen und Hunde begrüßen uns mit kläffenden Gebell. Dies hinter uns lassend zieht sich die Strecke schnurgerade durch Reisfelder; zum Teil in sattgrün schimmernder Blüte stehend, zum Teil bewirtschaftet oder brach liegend. Die Räder von Traktoren pflügen sich schwerfällig durch das Wasser und Vögelkolonien besprenkeln als weiße Farbtupfer ein Meer an Halmen. Während der letzten Wochen hat eine große Niederschlagsmenge das Land heimgesucht; teilweise stehen die Häuser auf einsamen Inseln inmitten der Reisfelder, in deren Wasser sich die Sonne reflektiert. Flatternd stöben Reiher vor uns auf, Riesenleguane sonnen sich auf Felsgestein und schallendes Kinderlachen begleitet uns …


 
 
 
 
 
 
 
 
Ausblick: Sonne, Strand und Meer – Reise an die Küste

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